FAQ: Tierrechte

Tierrechte, Antispeziesismus und Abolitionismus

Was sind Tierrechte?

Siehe Glossar: Tierrechte.

Was ist Speziesismus bzw. Antispeziesismus?

Siehe antiSpe.de-Hauptseite, Glossar: Antispeziesismus und Glossar: Speziesismus. [mp]

Warum sind Antispeziesismus und Tierrechte notwendig?

Die Notwendigkeit ergibt sich aus der Verknüpfung zweier Überlegungen. Die erste ist das Recht der Tiere, das sich aus der Interessenethik ergibt. Die zweite ist die Notwendigkeit, die bestehende Ethik auf sie auszuweiten, da es (ethisch) inkonsequent wäre, es nicht zu tun, da sie die gleichen Kriterien zur ethischen Berücksichtigung erfüllen, die für Menschen gelten.

Alle in diesem Zusammenhang relevanten Tiere (siehe nächster Punkt) haben in ihrem Leben diverse Interessen. Wie auch Menschen haben diese anderen Tiere u.a. das Interesse an physischer und psychischer Leidfreiheit, an Bewegungsfreiheit, an der Möglichkeit, ihre (biologischen/sozialen) Bedürfnisse ausleben zu können, an Weiterexistenz und daran, nicht als Ressource benutzt zu werden (als Nahrungslieferant, Organdepot oder Experimentierobjekt). Daß Tiere diese Interessen haben, steht empirisch und wissenschaftlich außer Frage: sie entfernen sich von Schmerzquellen, Befreien sich aus Beengungen, entwickeln psychische Störungen, wenn ihr biologisches Verhalten durch die Gefangenschaft unterdrückt wird (stereotype Verhaltensmuster, Streß, Angst, Zwangsstörungen, Depressionen), haben einen Überlebenstrieb usw. Analog zu den Interessen der Menschen dürfen die Interessen der anderen Tiere nicht einfach deshalb verletzt werden, weil eine Gruppe mit mehr Gewalt sich Nutzen und Vorteile von der Verletzung ihrer Interessen verspricht (dies wäre sozialdarwinistisch).

Zum zweiten besteht unter den Menschen bereits eine Ethik, die u.a. Antirassismus und Antisexismus fordert und Rassismus und Sexismus verurteilt. Sie ist auf der Tatsache gegründet, daß Unterscheidungskriterien (anderes Geschlecht oder andere Hautfarbe) zwar bestehen, aber für die ethische Berücksichtigung nicht relevant sind. Das gleiche trifft für den Ausschluß von nichtmenschlichen Tieren aufgrund irrelevanter Kriterien zu: Die Erscheinung der Tiere (Fell, Schuppen, Federn, Exoskelett; Beine, Flossen, Flügel) ist genauso rein äußerlich und oberflächlich wie die Farbe der Haut oder das Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein bestimmter Geschlechtsorgane. Die vermeintlich geringere Intelligenz oder das Fehlen (vermeintlich) speziell menschlicher kognitiver Eigenschaften (Selbsterkenntnis, menschliche Formen der Kommunikation usw.) sind genauso irrelevante Kriterien für den Ausschluß aus der Ethik, wie sie es bei Menschen wären; Menschen, die (z.B. aufgrund einer Behinderung oder ihres Alters) über geringere intellektuelle Fähigkeiten (z.B. als Hunde, Delfine oder Affen) verfügen oder die diese Eigenschaften nicht besitzen, werden nicht ausgeschlossen und ihr Interesse an Leidfreiheit und Weiterexistenz wird genauso wie bei anderen Menschen berücksichtigt.

Die bestehenden ethischen Unterschiede, die zwischen Menschen und anderen Tieren gemacht werden, beruhen nicht auf relevanten Kriterien, sondern sind allein äußere oder andere irrelevante Merkmale der Spezies gegründet - das ist der Speziesismus. Einerseits eine bestimmte Spezies, das Säugetier Mensch, in die Ethik einzuschließen und irrelevante Merkmale (wie Hautfarbe, anderes Geschlecht oder geringere Intelligenz) als ethisch irrelevant zurückzuweisen, aber andererseits alle anderen Spezies mit Bewußtsein aufgrund genauso irrelevanter Kriterien (wie Aussehen oder geringere Intelligenz) auszuschließen und ihre Interessen zu verletzen, ist Heuchelei und Doppelmoral. Um diese Heuchelei und Doppelmoral zu beseitigen, haben die Menschen die ethische Pflicht, allen Tieren mit Bewußtsein die für sie relevanten Rechte, in erster Linie das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit, zuzugestehen. [mp]

Wie kann man sicher sein, daß Tiere diese Interessen haben, wenn sie sich nicht wie Menschen mitteilen können?

Die empirische Beobachtung und die wissenschaftliche Fundierung bestätigen es (vgl. vorhergehende Frage, zweiter Absatz). Nur weil man mit ihnen nicht so kommunizieren kann wie mit Menschen, berechtigt das nicht, auf etwas anderes zu schließen als das, was Empirie und Wissenschaft besagen. Auch menschliche Kleinkinder haben keine ausgeprägte verbale Kommunikationsfähigkeit und trotzdem würde niemand in Frage stellen, daß sie ein Interesse an Leidfreiheit haben. [mp]

Weil nichtmenschliche Tiere unsere Rechte nicht achten (können), müssen wir auch nicht ihre achten.

Es gibt viele Menschen (z.B. Kleinkinder und geistig Behinderte), die auch die Rechte der anderen Menschen nicht achten können (schon deshalb, weil sei sie nicht verstehen) und deren Rechte dennoch geachtet werden. Damit sollte klar sein, daß auch die Fähigkeit, ethische Berücksichtigung erwidern zu können, kein irrelevantes Kriterium für den Ausschluß aus der Ethik ist. [mp]

Da nichtmenschliche Tiere keine moralische Gemeinschaft bilden (können), müssen wir sie nicht in unsere aufnehmen.

Siehe Weil sie unsere Rechte nicht achten (können), müssen wir auch nicht ihre achten. [mp]

Wo zieht man die Grenze der ethischen Berücksichtigung?

Berücksichtigt werden alle Tiere, die ein Bewußtsein und Empfindungsfähigkeit aufweisen oder aufweisen könnten (d.h. nicht Pflanzen, Pilze, Amöben, Sporentierchen usw.). Auch Tiere, die aus irgendwelchen Gründen (Krankheit, Medikation, "Züchtung") keine Empfindungsfähigkeit aufweisen, sind nicht automatisch von der ethischen Berücksichtigung ausgeschlossen, da ihre andere Interessen weiterhin gelten (wie z.B. nicht als Ressource benutzt zu werden; genauso wenig wäre es akzeptabel, durch genetische Veränderung empfindungsunfähige Menschen als Ressourcen zu nutzen). Eine feste Grenze nach "unten" gibt es nicht und dies ist auch nicht notwendig. Das Ziel kann es nicht sein, zu erforschen, ab welchem "niederen" Lebewesen die Kriterien nicht mehr zutreffen, sondern es gilt die Vermeidung des Vermeidbaren. [mp]

Wo zieht man die Grenze des Unvermeidbaren?

Es gibt keine klare Grenze, weil die Bewertung der Vermeidbarkeit stark vom konkreten Fall und seinem Kontext abhängig ist. Im Eintreten für Tierrechte ist die Kenntnis einer klaren Grenze des Unvermeidbaren keineswegs notwendig, da wir genau wissen, was vermeidbar ist, und das bewirkt nahezu das gesamte von Menschen verursacht Tierleid: das Züchten, Einsperren, Ausbeuten und Umbringen von Tieren zu Nahrungs-, Kleidungs-, Unterhaltungs- und sonstigen Zwecken. Solange die Basis, dies abgeschafft zu haben, noch nicht erreicht ist, ist es müßig Detailfragen zu stellen und dient meist Personen, die damit ihren Unveganismus rechtfertigen wollen.

Darüber hinaus wird das Kriterium der Vermeidbarkeit oft mit dem des nichtintentionalen Tötens (meist als Folge eines Unfalls) verwechselt. Wenn man sich durch Laufen fortbewegt, kann es vorkommen, daß man Insekten zertritt. Naive Theoretiker behaupten, Laufen wäre (auf welche Weise auch immer) vermeidbar. Dies ist jedoch unerheblich, da das Laufen (bei Veganern) nie eine intentionale Tötungsabsicht beinhaltet (das zusätzliche Vermeiden von Fahrlässigkeit wird vorausgesetzt). Werden dabei unabsichtlich Tiere zertreten, ist dies genauso ein Unfall, wie es ein Unfall im Straßenverkehr ist, wenn ein Fußgänger überfahren wird, der z.B. dort auftaucht, wo er nicht erwartet wurde. Nach dieser Logik müßte ansonsten genauso das Autofahren verboten werden, nur weil es die theoretische Möglichkeit beinhaltet, andere dadurch zu töten, bzw. das Atmen, weil dadurch (potenziell tödliche) Krankheitserreger übertragen werden könnten (auch in diesen Fällen die Vermeidung von Fahrlässigkeit vorausgesetzt). [mp]

Dürfen angreifende bzw. schädigende Tiere wie Parasiten (z.B. Bandwürmer und Zecken) getötet werden?

Wenn man von nichtmenschlichen Tieren gesundheitliche Schäden zu befürchten hat, ist sich gegen sie zu wehren eine Form von Notwehr, dabei gilt das gleiche, was bei Notwehr gegenüber Menschen gilt. [mp]

Wenn ein nichtmenschliches Tier und ein Mensch gleichermaßen vom Tod bedroht sind und man nur einen der beiden retten kann, wer muß dann gerettet werden?

Das ist eine Frage, die keine tierrechtsrelevante Problematik enthält. Wenn man den Menschen anstatt das nichtmenschliche Tier rettet, bedeutet das nicht, daß man das nichtmenschliche Tier damit diskriminiert. Genauso wenig wie die Rettung eines jungen Menschen statt eines alten Menschen eine Diskriminierung von älteren Menschen darstellt. In diesen Fällen werden je nach Situation andere Kriterien herangezogen (wie eben z.B. das Alter, da jünger Menschen noch länger leben könnten als ältere usw.). [mp]

Was ist Abolitionismus?

Siehe Glossar: Abolitionismus. [mp]

Sollte man nicht erst einmal Tierrechte für höher entwickelte Tiere (wie Primaten oder Delfine) fordern?

Nein, denn das ist Reformismus. Hierbei wird der Speziesismus lediglich modifiziert, indem die Grenze, welche Tiere ethisch berücksichtigt werden sollen, verschoben wird. Dadurch wird die Hierarchie, und damit, daß die Tiere, die "unten" stehen, nicht ethisch berücksichtigt werden müßten, nicht beseitigt. Antispeziesistisch ist nur die Forderung nach völliger Beseitigung dieser Hierarchie. [mp]

Dürfen Ergebnisse von Tierversuchen verwendet werden?

Die Verwendung dieser Ergebnisse ist zum größten Teil irrelevant, weil Tierversuche nicht zwischen Spezies übertragbar sind.

Was verwertbare Ergebnisse von Tierversuchen (z.B. von Menschenversuchen) betrifft, so dürften sie nur verwendet werden, wenn gleichzeitig unmißverständlich gemacht wird, daß das keine Akzeptanz solcher Praktiken mit einschließt (vgl. Forum). [mp]

Verwandtes

Tierschutz und Reformismus

Was ist Reformismus?

Siehe Glossar: Reformismus. [mp]

Was ist Tierschutz?

Siehe Glossar: Tierschutz. [mp]

Ist es nicht ein Anfang, wenn durch Tierschutzgesetze zumindest für die jetzt lebenden Tiere Verbesserungen erreicht werden?

Es ist kein Anfang, da es keine Verbesserungen sind, die erreicht werden, sondern Pseudoverbesserungen, die der Tierausbeutung einen schönen Anstrich geben und sie legitimiert. Es sind grundsätzlich Pyrrhussiege. Bezogen auf das "Legebatterieverbot" gibt es beispielsweise in "Volierenhaltung" mehr Kannibalismus unter den Tieren als in "Käfighaltung", zudem sinkt die "Legeleistung", sodaß für die gleiche Anzahl Hühnereier mehr Tiere sterben. In "Freilandhaltung" gibt es die höchste Todesrate, weil sich hier Krankheiten schneller verbreiten können, sodaß mehr Tiere "verbraucht" werden als in "Käfighaltung". In "Biohaltung" haben die Tiere weniger Platz als in "Freilandhaltung" usw. Als "Verbesserung" wird so etwas nur von Tierschutzorganisationen und Tierausbeutern bezeichnet.

Selbst wenn die Gesetze in Einzelfällen wirkliche Verbesserungen erreichen würden, blieben sie kontraproduktiv, da sie die Abschaffung nicht fördern, sondern verzögern (siehe nächster Punkt), und damit das Gesamtleiden durch in Zukunft ausgebeuteten Tiere vergrößern statt verringern.

Wenn man wirklich etwas für die jetzt lebenden Tiere verbessern will, muß man Veganismus propagieren, denn dadurch sinkt die Nachfrage an Tierprodukten und damit die Produktion, sodaß durch jeden Veganer mehr bereits jetzt weniger Tiere einsperrt, ausgebeutet und umgebracht werden und zudem ein Bewußtsein für die wesentlichen Aspekte der Problematik geschaffen wird. [mp]

Kann die Abschaffung als Endziel nicht auch schrittweise über Tierschutzgesetze oder -kampagnen erreicht werden?

Nein, denn Tierschutzgesetze oder -kampagnen gehen in die falsche Richtung. Sie schaffen die Tierausbeutung nicht "teilweise" oder "schrittweise" ab, sondern ersetzen eine Form nur durch eine andere. Sie legitimieren darüber hinaus die Tierausbeutung (Tierausbeuter berufen sich auf die Einhaltung des Tierschutzgesetzes, wenn sie mit Vorwürfen konfrontiert werden) und geben den Verbrauchern ein gutes Gewissen und damit einen Vorwand, weiterhin Tierprodukte zu konsumieren, weil es den Tieren aufgrund der Gesetze "gut" oder "besser" gehe, anstatt daß sie vegan werden und damit wirklich aufhören, Tierrechte zu mißachten.

Zu beachten ist auch der entscheidende Aspekt, daß die Gesetze von Tierausbeutern, Tierausbeutungsbefürwortern und Unveganern erlassen werden. Es sollte klar sein, daß diese niemals solche Gesetze verabschieden würden, die ihnen und ihren Vorstellungen wirklich entgegenwirken oder gar schaden könnten, sondern nur solche, die durch die Augenwischerei "besserer Bedingungen" einen guten Verkauf der Tierprodukte garantieren.

Daß Tierschutz nicht funktioniert, hat die Geschichte ausgiebig bewiesen. Es gibt seit mindestens 130 Jahren eine tierschützerische Bewegung gegen Tierversuche und bis heute wurden sie nicht abgeschafft. In einigen Ländern wurde die Treibjagd verboten und diese Länder sind trotzdem noch genauso weit von einem Gesamtverbot der Jagd entfernt wie zuvor. Die Abschaffung der "Legebatterien" hat dazu geführt, daß die "Käfighaltung" reformiert wurde und einen neuen Namen bekommen hat ("Kleingruppenhaltung"), dafür werden nun mehr Hühnereier aus Legebatterien aus dem Ausland importiert. Auch diese Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen.

Eine weitere empirische Beobachtung spricht dagegen: die Tierausbeutungsindustrie hat die Tierschutzidee übernommen (sie bietet von sich aus "Sigel" für "artgerechte Haltung" und Ähnliches an). Daß sie kein wirkliches Interesse am Wohlergehen Tiere, insofern sie es nicht als Verkaufsstrategie benutzen kann, geschweige denn an wirklichen Tierrechten hat, sollte offensichtlich sein. [mp]

Wird die Abschaffung der Tierausbeutung nicht letztlich ohnehin schrittweise erfolgen?

Ja, aber das liegt daran, daß mit der wachsenden Anzahl der Veganer die Nachfrage an Tierprodukten sinkt, sodaß Tierausbeuter ihre Produktion "schrittweise" auf vermeintlich akzeptiertere Ausbeutungsformen umstellen, sowie daß "schrittweise" immer mehr Tierausbeutungsbetriebe aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden. Das bedeutet nicht, daß die Forderung nach totaler Abschaffung weniger notwendig wäre oder beabsichtigt schrittweise Abschaffung deshalb funktionieren würde bzw. auch nur weniger kontraproduktiv wäre.

Da die Tierausbeuter, wie gesagt, als Zwischenschritt ihre Produktion auf vermeintlich weniger tierquälende Ausbeutungsformen (wie von "Käfighaltung" auf sogenannte "Alternativhaltungen") umstellen werden, verhält es sich insgesamt so, daß Abolitionismus teilweise selbst über die vom Reformismus so stark geforderten "Verbesserungen" führt, dabei aber die extrem kontraproduktiven Nebeneffekte, wie die Gewissensberuhigung der Konsumenten, nicht fördert. [mp]

Wenn klar ist, daß die Abschaffung nicht von heute auf morgen erfolgt, muß man dann nicht in einem konkreten Bereich anfangen?

Die Frage verwechselt Wirkung und Ursache. Genauer gesagt den Ablauf eines Paradigmenwandels (keine Tierrechte hin zu Tierrechten), der schrittweise erfolgen wird, mit der der Frage nach der richtigen Strategie.

Daß bestimmte Tierarten eher gewisse Rechte bekommen als andere (z.B. höher entwickelte Tiere eher als niedriger entwickelte) und daß bestimmte Formen der Tierausbeutung eher abgeschafft werden als andere (Tierversuche eher als Hühnerausbeutung im Nahrungsbereich), ist der Ablauf. Es ist nicht schwer zu vermuten, daß Bereiche mit wenig Unterstützung und viel Ablehnung (die Randbereiche wie "Pelz" oder Tierversuche) eher zusammenbrechen werden als die Bereiche mit viel Unterstützung und wenig Ablehnung (wie der Nahrungsmittelbereich).

Die Strategie aber muß darin bestehen, daß die gesamte Zeit nicht weniger als die totale Abschaffung gefordert wird, denn dies ist die wirkungsvollste Form, um die Tierausbeuter und Politiker unter Druck zu setzen, sodaß sie von selbst die "Zugeständnisse" (wie Verbot der Tierversuche oder Jagd) machen (siehe auch die vorherige Frage). Es ist hingegen auf lange Sicht kontraproduktiv, wenn man Einzelziele fordert, da dies zum einen die Gesamtentwicklung bremst, man von einer äußeren Position (den Randbereichen) kaum Zugriff auf den harten Kern der Tierausbeutung (Nahrungsbereich) erlangen kann und dieses Vorgehen tendenziell tierschützerisch und speziesistisch ist, womit man nicht zuletzt seine Ausrichtung auf totale Abschaffung unglaubwürdig macht.

Um ein Haus abzureißen ist es sehr ineffektiv, es von oben nach unten und Stein für Stein abzutragen, statt das Fundament zu sprengen. D.h. ein Mensch, der die ethische Verwerflichkeit von Tierversuchen, denen er ohnehin kritisch gegenüber stand und die ihn kaum direkt betrafen, begriffen hat, wird nicht automatisch die ethische Verwerflichkeit von Tierprodukten im Nahrungsbereich, die allgemein akzeptiert sind und ihn direkt betreffen, einsehen. Wer hingegen die Notwendigkeit der Abschaffung in den etablierten Bereichen der Tierausbeutung verstanden hat, wird wohl kaum wesentlich leichter zu vermeidende und viel weniger akzeptiere Formen der Tierausbeutung (wie Tierversuche) gutheißen. [mp]

Ist ein (besseres) Tierschutzgesetz nicht nützlich, um gegen Tierausbeutung klagen zu können?

Das funktioniert bereits deshalb nicht, weil sich das Tierschutzgesetz nicht gegen Tierausbeutung richtet, sondern den Eigentumsstatus der Tiere und die Tierausbeutung legitimiert. Mit einem inhärent speziesistischen Gesetz kann man nicht gegen Speziesismus vorgehen. Das Tierschutzgesetz trifft lediglich eine Abwägungen zwischen den Interessen der Tiere und denen der Tierausbeuter. Da die Tierausbeuter die Besitzer und die Tiere die Sklaven sind - im Gesetz wird ihr Eigentumsstatus festgeschrieben -, ist jeder noch so triviale Grund der Tierausbeuter, die Interessen der Tiere zu verletzten, durch dieses Gesetz gedeckt. Das Tierschutzgesetz hilft den Tieren genauso viel, wie die Einführung der Guillotine (um sich dahinziehende Hinrichtungen durch Fehlschläge der Henker zu vermeiden bzw. das Töten schmerzfreier zu gestalten) der Abschaffung der Todesstrafe förderlich war.

Selbst wenn man damit gegen eine bestimmte Form der Tierausbeutung vorgehen könnte, geschähe das immer zu dem Preis, daß alle anderen Formen dadurch um so mehr legitimiert würden, da die Argumentation (absichtlich oder unabsichtlich) darauf beruht, die betreffende Form der Tierausbeutung wäre eine "besonders grausame" und alle anderen wären weniger grausam (was schon offensichtlich falsch ist). [mp]

Heißt das, daß gesetzliche Veränderungen grundsätzlich wirkungslos seien?

Nein, es kann auch (theoretisch) gute Gesetze geben. Ein gutes Gesetz bedeutet, daß es Tierausbeutung in einem Bereich komplett und ausnahmslos abschafft, ohne daß sie in einem anderen Bereich dadurch erleichtert oder durch einen anderen ersetzt würde, und daß es argumentativ auf der Idee der Tierrechte beruht, sodaß Tierausbeutung in einem anderen Bereich dadurch nicht akzeptabler erscheint. [mp]

Aber Tierschutzorganisationen sagen ...

Tierschutzorganisationen sind Spendensammelvereine voller Unveganer. Sie haben kein Interesse, die Tierausbeutung abzuschaffen, da sie dann ihre Geldquelle verlieren würden (sie verdienen also daran, daß es den Tieren schlecht geht). Stattdessen haben ihre Vertreter ein Interesse daran, sich und ihren Mitgliedern ein gutes Gewissen beim Konsum von Tierprodukten zu verschaffen (siehe einige Zitate der Unveganer Apel, Aufhauser und Kessler). Sie stellen Pyrrhussiege als "Erfolge" dar, um ihre Arbeit sinnvoll und erfolgversprechend aussehen zu lassen, damit sie weiterhin Spenden einnehmen. Grundsätzlich ist auffällig (und daran sind sie oft zu erkennen), daß sie sich mit Bereichen der Tierausbeutung beschäftigen, die ihre unveganen Spender nicht betreffen (siehe auch Randaspekte). Oft geht es um Straßenhunde im Ausland, "Rodeo", Wale, "Pelz" usw. Da ein durchschnittlicher Mitteleuropäer dafür in der Regel nicht verantwortlich ist, sind ihre Spender nicht genötigt, sich selbst zu ändern, sondern können sich durch ihre Spenden ein gutes Gewissen gegenüber der durch ihren Unveganismus verursachten Tierausbeutung erkaufen. [mp]

Verwandtes

Aber sind Vegetarier nicht auf dem richtigen Weg?

Tierrechte und Veganismus

Müssen Tierrechtler Veganer sein?

Wer sich Tierrechtler nennt und nicht vegan ist (also eklatant die Tierechte verletzt) ist so absurd wie jemand, der sich Menschenrechtler nennt und Gefangene foltert, jemand, der sich Kinderrechtler nennt und pädosexuell ist usw. Näheres siehe die Diskussion zu Kaplans Antiveganismuspropaganda gleichen Titels, den Artikel "Kaplans Antiveganismuspropaganda" sowie "Vegetarier sind Mörder". [as]

Weitere strategische Fragen

Was sind argumentative Nonos?

Das sind Argumente bzw. argumentative Strategien, die man vermeiden sollte, weil sie zweifelhaft, irrelevant und/oder kontraproduktiv sind, auch wenn sie in bestimmten Details zutreffen. Dazu gehören u.a. gesundheitliche Aspekte der Ernährung, weil sich Menschen auch halbwegs gesund unvegan ernähren können, vielen Menschen ihre Gesundheit auch mit dem Wissen um die Schäden egal ist (z.B. Rauchern) und weil diese Aspekte viele Bereiche der Tierausbeutung nicht betreffen (Kleidung, "Zoo", "Zirkus"). (Das ändert natürlich nichts daran, daß vegane Ernährung in der Regel gesünder ist als unvegane.) Ähnliches gilt für Umweltaspekte, weil es auch wenig umweltbelastende Formen der Tierausbeutung geben kann (oder könnte). (Auch das ändert nichts daran, daß Unveganismus für einen Großteil der Umweltzerstörung verantwortlich ist.) Darüber hinaus betrifft es Argumente wie Geschmack, Hygiene, Natürlichkeit, Religion u.a.m. Mehr zu argumentativen Nonos im Forum.

Stattdessen sollte man grundsätzlich mit ethischen Argumenten auf der Basis der Interessenethik arbeiten und die anderen Aspekte nur zusätzlich oder zur Widerlegung von Rechtfertigungsversuchen benutzen (wie dem zusätzlichen Hinweis auf Umweltschäden durch Unveganismus, wenn die betreffende Person besonders umweltschützerisch eingestellt ist und etwa "Lederschuhe" durch die vermeintlich größere Umweltbelastung der Herstellung veganer Schuhe zu rechtfertigen versucht). [mp]

Was ist mit Spenden?

Spenden sind moderner Ablaßhandel. Die Spender geben Geld dafür, daß sie ein gutes Gewissen ihrem Unveganismus gegenüber erhalten, da sie mit ihren Spenden etwas "für die Tiere" tun würden. Um dies zu vermeiden lehnen seriöse Tierrechtsorganisationen Spenden konsequent ab und fordern die potenziellen Spender hingegen dazu auf vegan zu werden. Bekanntermaßen ist das Spendensammeln eine Domäne des antitierrechtlerischen Tierschutzes. [mp]

Was ist mit Petitionen?

Petitionen, oft Onlinepetitionen, bzw. Unterschriftenlisten sind ähnlich wie Spenden eine Form der Gewissensberuhigung, ohne die Unterschreibenden dazu zu nötigen, ihren eigenen Unveganismus zu ändern (siehe auch "Faulpetitionismus"). Auch Petitionen sind eine Domäne des Tierschutzes und schaden mehr als sie nützen. [mp]

Was ist mit Demonstrationen?

In der Regel sind sie völlig ineffektiv (welchen Erfolg all die "Anti-Jagd-Demos" hatten, sieht man deutlich). Außerdem sind auch sie eine Domäne des Tierschutzes und daher grundsätzlich skeptisch zu betrachten.

Demos von Tierrechtlern zeichnen sich dadurch aus, daß sie sich zum einen nicht gegen einen Randaspekt (siehe nächster Punkt) richten, sondern gegen Unveganismus allgemein, und daß sie zum anderen ausschließlich aus Veganern bestehen (da alles andere heuchlerisch wäre). [mp]

Was sind Randaspekte?

Das sind Bereiche der Tierausbeutung, mit einer vergleichsweise(!) niedrigen Opferzahl, einem hohen Bekanntheitsgrad und häufiger Ablehnung in der Normalbevölkerung (dazu zählen "Wildtiere im Zirkus", "Treibjagd", Tierversuche, Robben"pelz", "Gallenbären", "Singvögel", "Rennpferde", "Stierkampf", "Gänsestopfleber"/"Foie gras" usw.). Diese Bereiche werden oft von Tierschutzorganisationen thematisiert, weil sie dadurch mit der Sympathie der potenziellen Spender rechnen können, ohne daß diese an ihrem eigenen Verhalten etwas ändern müßten. Sehr oft sind die angesprochenen Probleme im Ausland lokalisiert, sodaß die potenziellen Spender, auch wenn sie selbst etwas tun wollten, es nicht könnten (und ihnen nur zu spenden übrigbleibt).

Tierrechtler hingegen betonten, daß diese Dinge natürlich elementar gegen Tierrechte verstoßen, sie richten jedoch ihren Fokus nicht darauf, denn es ist ineffektiv und eine Verschwendung von Ressourcen, nicht an der ideologischen und wirtschaftlichen Wurzel der Tierausbeutung anzusetzen und diese liegt nicht in Randaspekten, sondern v.a. im alltäglichen Unveganismus des Nahrungsmittelbereichs (siehe auch diese Gegenüberstellung der Opferzahlen bezogen auf Tierversuche). [mp]

Was ist mit Analogien?

Analogien sind, wenn sie richtig angewendet werden, sehr nützlich um ethische Zusammenhänge zu erklären. Daß nichtmenschliche Tiere nur aufgrund ihrer Spezies, nicht aufgrund ethisch relevanter Merkmale diskriminiert werden, kann beispielsweise mit der Analogie zum Rassismus verdeutlicht werden. Daher ist es kontraproduktiv und absurd, bestimmte Analogien abzulehnen, nur weil sie provozierend sind. [mp]

Um welche Tiere sollte man sich zuerst kümmern?

Tierrechtler "kümmern" sich nicht nur um bestimmte Tiere (und schon gar nicht um eine bestimmte Tierart, das wäre Artenschutz), sondern durch ihre Forderung nach Veganismus helfen sie grundsätzlich allen Tieren gleichzeitig. Ein Mensch, der vom Veganismus überzeugt wurde, wird gleichermaßen Hühner wie Rinder und Schweine wie Bienen usw. nicht mehr diskriminieren. Es ist nicht sinnvoll, bei bestimmten Tierarten anzusetzen, sondern beim Unveganismus der Bevölkerung. [mp]

Was ist von Einzelzielkampagnen (z.B. gegen ein bestimmtes Tierversuchslabor oder eine bestimmte "Mast"anlage) zu halten?

Zum einen sind sie skeptisch zu beurteilen, da dies oft Ausprägungen des Tierschutzes sind. Und zum anderen setzen sie nicht an der Wurzel des Problems (dem Unveganismus der Bevölkerung) an, sondern konzentrieren sich mit meist schädlichen Argumenten auf einen Randaspekt. Schädlich sind die Argumente, weil mit argumentativen Nonos (wie den Umweltschäden des Betriebes) oder Bewertungen dessen als "besonders grausam", was die Grausamkeit der anderen Tierausbeutungsbetriebe unzutreffend relativiert, gearbeitet wird. Ineffektiv sind diese Kampagnen, weil auf einen geschlossenen Betrieb irgendwo anders ein neuer folgt, solange die Nachfrage an Tierprodukten in der Bevölkerung besteht. Beispiele dafür sind diverse Kampagnen gegen bestimmte "Pelz"farmen (ohne relevanten Erfolg).

Das ist nicht zu verwechseln damit, daß es sinnvoll ist, Demos oder Infostände vor einem konkreten Tierausbeutungsbetrieb zu plazieren, insofern diese Aktionen Veganismus und totale Abschaffung aller Tierausbeutung fordern. [mp]

Ist Artenschutz sinnvoll?

Artenschutz schützt keine Individuen – und nur das ist ethisch relevant –, sondern abstrakte biologische Vorstellungen. Fast alle Artenschützer sind daher auch keine Tierrechtler, sondern Tierrechtsverletzer so wie Jane Goodall, die dazu auffordert Ziegen statt Affen zu ermorden. Daher ist Artenschutz nicht sinnvoll, sondern genauso heuchlerisch und kontraproduktiv wie Tierschutz.

Siehe auch "Befreite Nerze (Minks) haben den europäischen Nerz verdrängt, spricht das nicht gegen Nerzbefreiungen?" [mp]

Ist es nicht besser, wenn jemand schrittweise über den Vegetarismus vegan wird, statt daß er abgeschreckt und gar nicht vegan wird?

Jeder kann sofort vegan werden und muß nicht vorher vegetarisch gewesen sein (siehe auch "Niemand wird sofort vegan, muß der Weg nicht über Vegetarismus führen?"). Wenn er abgeschreckt wird, dann in der Regel durch falsche Information dahingehend, daß Veganismus schwierig oder teuer sei.

Vegetarismus zu propagieren ist in vieler Hinsicht schädlich. Es ist argumentativ widersprüchlich und daher oft wirkungslos, eine Form tödlicher Tierausbeutung ("Fleisch") als ethisch verwerflich zu bezeichnen, aber andere Formen tödlicher Tierausbeutung (Kuhmilch, Hühnereier) nicht. Außerdem ist Vegetarismus kein Fortschritt, da Vegetarier die "verlorenen" Produkte in der Regel nicht durch pflanzliche Alternativen, sondern überwiegend durch andere Tierprodukte ersetzten, sodaß Vegetarismus das Tierleid nicht vermindert, sondern nur verschiebt (siehe auch "Aber Fleischesser töten mehr Tiere als Vegetarier?" und "Mehr Leid durch Vegetarismus"), und zusätzlich dem Betroffenen einen Vorwand gibt, nicht vegan zu werden (da er bereits "genug für die Tiere getan" habe). Wenn jemand von sich aus unbedingt Zwischenschritte machen will, hält ihn die Forderung nach Veganismus davon nicht ab. Das Gerede von "kleinen Schritten" vermittelt hingegen, daß das Veganwerden in einem Schritt in irgendeiner Weise schwierig und nur in kleinen Schritten möglich sei. Das ist völlig falsch und kontraproduktiv (Veganwerden ist vordergründig die psychologische Entscheidung keine Tierprodukte mehr konsumieren zu wollen und daher innerhalb einer Sekunde möglich).

Die Behauptung, durch die Forderung nach Veganismus abgeschreckt worden zu sein, ist meist nur ein Rechtfertigungsversuch von jemandem, der ohnehin nicht willens war, vegan zu werden. [mp]

Ist es nicht gerechtfertigt, gegen Tierausbeuter mit Gewalt vorzugehen?

Keineswegs, denn da Menschen auch Tiere sind und Tierrechte damit auch Menschenrechte sind, ist Gewaltanwendung gegen Menschen eine Verletzung der Idee der Tierrechte. Darüber hinaus ist es kontraproduktiv, da es zum einen Tierrechtler in ein schlechtes Licht rückt und zum anderen das Problem nicht vordergründig einzelne Berufstierausbeuter sind, sondern die kommerzielle Nachfrage von Tierprodukten durch die unveganen Konsumenten. Solange die Nachfrage besteht, wird auf einen aus dem Beruf gedrängten Tierausbeuter ein neuer folgen. Deshalb muß die Aufklärung der Bevölkerung über Veganismus das wesentliche Ziel sein.

Wenn angebliche Tierrechtler Gewalt anwenden oder androhen (in Form von Morddrohungen etc.), diskreditieren sie sich selbst und sind nicht als Tierrechtler anzusehen. [mp]

Ist Gewalt grundsätzlich abzulehnen?

Gegen Menschen oder andere Tiere, von Notwehr abgesehen, auf jeden Fall. Sachbeschädigung hingegen können in Einzelfällen notwendig sein, wie das Zerstören von Schließvorrichtungen, die der Gefangenhaltung der Opfer dienen, wenn diese befreit werden. Analog wie dies bei der Befreiung (auch menschlicher) Sklaven oder auch bei der Befreiungen Eingeschlossener aus einem brennenden Haus notwendig sein kann. [mp]

Verwandtes

veganismus.de